Was verdient ein Podologe? „Selbstwert und Einstiegsgehalt steigern“

Im aktuellen Sonderheft der Fachzeitschrift DER FUSS ging es um den „Podologen als Unternehmer“. Auch Simeon Ruck kam dort in einem Interview zu Wort. Der Titel: „Viele Selbständige in der Podologie haben ein Zeitproblem“. Als Geschäftsführer der HELLMUT RUCK GmbH kennt er nicht nur die Zeitprobleme, sondern vor allem die betriebswirtschaftlichen Engpässe seiner Kunden nur zu gut. In den Kursen an der RUCK Akademie, die er als Dozent betreut, stellt er deshalb die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Existenzgründung ganz besonders in den Mittelpunkt. Denn leider kommen diese an den meisten podologischen Ausbildungsstätten viel zu kurz.

Selbstwert und Einstiegsgehalt – beides sollte gesteigert werden“, das ist die feste Überzeugung von Simeon Ruck. Die Podologie als wichtiger Assistenzberuf im Gesundheitswesen muss nach seiner Auffassung eine höhere Wertschätzung in der Öffentlichkeit erhalten. Hier sind die Verbände gefordert, aber auch die Kreativität der Podologen und Podologinnen selbst. Beim Thema Gehalt wird in Zukunft vor allem das Prinzip Angebot und Nachfrage für Antrieb sorgen, denn die Nachfrage nach ausgebildeten Podologen ist bereits jetzt außerordentlich hoch. Kein Wunder, denn die Alterspyramide spricht nicht nur für ein breites Betätigungsfeld, sondern weist auch auf hohe gesundheitliche Investitionsbereitschaft hin.

Das Anfangsgehalt – der Elefant im Raum

Im FUSS-Beitrag hatte Simeon Ruck ein Anfangsgehalt von 3.500 Euro in den Raum gestellt. Doch ist das nicht zu viel zu hoch angesetzt? Der ein oder andere Leser hat sicher mit Erstaunen reagiert. Podologe Christian Seiz hat nicht lange gezögert und bei Facebook direkt nachgefragt. Wie kommt man auf diesen Betrag? „In einer sehr netten Reaktion hat Herr Ruck uns einen direkten Austausch angeboten,“ erzählt Herr Seiz, „Das haben wir angenommen und so kam ein gemeinsames Telefonat zustande.“ Neben Herrn Seiz hat auch seine Geschäftspartnerin Sandra Klett mitdiskutiert. Schritt für Schritt konnten die offenen Fragen geklärt werden und am Ende herrschte in großen Teilen Einigkeit: Die Podologie muss sich weiter nach vorne entwickeln – auch was das Gehalt angeht.

Es ist unbestritten, dass die podologische Leistung zu gering bezahlt wird,“ bestätigt Herr Seiz. „Herrn Ruck ging es bei der Gehaltsangabe nicht darum, den exakten Betrag festzunageln, sondern um eine durchaus provokante Vorgabe für ein angemessenes Podologengehalt. Er schaut auf das Thema aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht, in gleicher Weise, wie meine Kollegin Frau Klett. Ich sitze da ein wenig zwischen den Stühlen, denn so ein Gehalt muss erst einmal erarbeitet werden.“

Im Gespräch waren wir uns einig, dass die Podologen ihr Licht unter den Scheffel stellen,“ meint auch Sandra Klett. Die Betriebswirtin hat den Eindruck, dass die Podolog:innen sehr sozial denken - eine adäquate Leistungsabdeckung wird dabei oft übersehen. Viele vergleichen sich mit dem „normalen“ Fußpfleger und orientieren sich an dessen Preisen. Auf dieser Grundlage ist die Bezahlung eines angemessenen Gehalts nicht möglich.

Aussichten für ein junges Berufsbild

Mit gerade mal 20 Jahren ist die Podologie noch ein sehr junges Berufsbild. Doch der Grund für die mangelnde Akzeptanz eines angemessenen Behandlungspreises liegt woanders.
Die Menschen sind vom Gesundheitswesen verwöhnt, da die Kassen fast alles übernehmen,“ führt Frau Klett an. Das Prinzip „Zahlt die Kasse nicht, komm ich nicht“ gibt es in anderen Lebensbereichen nicht. Beim Friseur zum Beispiel zahlen Frauen ohne zu Zögern 90 Euro oder mehr. „Die Podologen müssen sich ihres Wertes als Therapeut bewusst sein und diesen auch nach außen vertreten. Unterm Strich setzt sich Qualität immer durch,“ meint Klett. „Wir verlangen pro Behandlung 50 Euro. Unsere Kunden sind gerne bereit diesen Preis zu bezahlen, da sie die Behandlungsqualität wertschätzen.

Genau das ist der Knackpunkt für viele Praxen: Eine zu niedrige Preisgestaltung lässt auch keine vernünftigen Anfangsgehälter für angestellte Podologen zu, wobei die Nachfrage immens ist. Aber ohne wirtschaftlich akzeptable Einnahmen lassen sich personelle Ansprüche nicht erfüllen.

Vielen Podologen fehlt es nach Einschätzung von Christian Seiz an ausreichend betriebwirtschaftlichen Kenntnissen. „BWL wird bei der podologischen Ausbildung – wenn überhaupt - nur im Schnelldurchgang vermittelt,“ stellt er fest, „Deshalb ist es gut, dass zum Beispiel an der RUCK Akademie entsprechende Kurse angeboten werden. Auch ein guter Steuerberater kann helfen.

Preiskalkulation als großer Hebel

Sandra Klett hat als Coach die Erfahrung gemacht, dass die Preisgestaltung bei der Planung einer Selbstständigkeit oft das Hauptproblem darstellt. „Ich versuche zunächst ein gutes Selbstwertgefühl bei meinen Kunden aufzubauen, um damit das Bewusstsein für die eigene Leistung zu erhöhen,“ erzählt sie. „Die Patienten sind durchaus bereit höhere Preise zu bezahlen – sie müssen nur verstehen, welche Qualität hinter der Leistung steht.

Ein Beispiel: Eine Podologin, die von Frau Klett beraten wird, verrechnet 39 Euro für eine Komplexbehandlung – obwohl die Krankenkasse 42 Euro dafür bezahlt. Sie verzichtet ganz bewusst auf die 3 Euro, weil sie fest davon überzeugt ist, dass ihre Kunden eine Preissteigerung nicht akzeptieren würden.

Kundenseitig trifft man oft auf die Einstellung, dass die Krankenkasse für alles aufkommt. Dieses Anspruchsdenken verhindert die objektive Annahme medizinischer Leistungen. Das ist außerhalb Deutschlands oft anders, zum Beispiel in Italien, Spanien oder Griechenland. Kunden, die aus diesen Ländern kommen, sind es gewohnt für medizinische Leistungen selbst zu zahlen.

Unser Fazit:

Ein Podologengehalt von 3.500 Euro im Monat sollte keine Utopie sein. Für die Umsetzung sind drei Dinge nötig: Mehr Mut und Überzeugung von der eigenen Leistung, mehr Bekanntheit und Anerkennung für das Berufsbild und eine betriebswirtschaftlich angepasste Preiskalkulation.

Schon Hellmut Ruck senior, der Großvater von Simeon Ruck setzte sich mit großem Engagement für eine Weiterentwicklung des Berufes des medizinschen Fußpflegers ein, er gilt als ein Pionier der Branche. „An diese Tradition möchte ich heute anknüpfen,“ meint Simeon Ruck, „Wenn wir die Branche voranbringen wollen, dann müssen wir mutiger werden und genau solche Gehälter auch bezahlen.“ Neben diesem Grundsatz sind für ihn vor allem die folgenden Zielsetzungen von zentraler Bedeutung:

Kurzfristige Ziele:

  • Bundeseinheitliche Schulgeldfreiheit für die podologische Ausbildung
  • Anpassung der Behandlungspreise nach oben, ein Preis von 52,50 Euro als Minimum (der aktuelle GKV-Satz für eine „podologische Komplexbehandlung groß“ liegt bei 44 Euro)
  • Optimierte Prozessstrukturen innerhalb der Praxisabläufe für ein kundenorientiertes, aber zugleich effizienteres Arbeiten


Mittelfristige Ziele:

  • Ausweitung der Vollzeitausbildung auf 3 Jahre
  • Theorieunterricht als Onlineangebot, um die Abhängigkeit von Zeit und Ort in der Ausbildung aufzulösen
  • Höhere Qualitätsanforderungen der Praktikumsbetreuung im Ausbildungsbetrieb, z.B. mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, pädagogische Fähigkeiten und – immer wichtiger - Sozialkompetenz im Umgang mit Einflüssen, die aus dem privaten Umfeld in die Ausbildung getragen werden.


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Zu den Personen:

Christian Seiz ist staatlich anerkannter Podologe, Gesundheits- und Krankenpfleger, Zahntechniker und gemeinsam mit Sandra Klett Inhaber der Praxis „COBIFU Gesundheit“. Hier werden Menschen von Kopf bis Fuß betreut – ein einzigartiges, ganzheitliches Konzept, das viele unterschiedliche Disziplinen vereint.

Sandra Klett, ausgebildeter systemischer-hyposystemischer Coach und Teamberaterin, Diplom Betriebwirtin (BA) und Gesundheits- und Krankenpflegerin, bildet gemeinsam mit Christian Seiz die Geschäftsführung von „COBIFU Gesundheit“. Sie unterstützt ihre Kunden unter anderem als Coach in verschiedenen Lebensbereichen.

Mehr unter www.cobifu-gesundheit.de

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