Experten-Interview mit Dr. med. Bettina Born

Seit vielen Jahren ist die Internistin und Diabetologin Dr. med. Bettina Born bekannte und geschätzte Dozentin rund um das Thema Diabetes an der RUCK Akademie. In unserem Interview haben wir die erfahrene Ärztin zum Thema "Interdisziplinäre Zusammenarbeit" befragt. Denn für den Arzt ist die Zusammenarbeit mit Podologe und Orthopädieschuhmacher ein wichtiger Baustein bei der Versorgung des Diabetischen Fuß-Syndroms.

Frau Dr. Born, Sie waren einer der ersten "ärztlichen Kontakte" auf dem Gebiet Diabetes und Fußambulanzen für RUCK. Wie begann das alles damals in Reutlingen?

Die Geburtsstunde der Fußambulanzen war im Jahr 1993 die Bekanntgabe der Oppenheimer Erklärung der Arbeitsgemeinschaft Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). In diesem Statement wurden klare Ziele zur Verbesserung der Behandlung des Diabetischen Fuß-Syndroms und zur Vermeidung von Amputationen formuliert. Die Zusammenarbeit mit den Fußpflegern begann dann ab 1995. Podologen gab es damals noch nicht.
An der Reutlinger Klinik habe ich gemeinsam mit einem Chirurgen mehr oder weniger inoffiziell eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unter der Bezeichnung "Stationäre Behandlung mit ambulanter Nachbehandlung" aufgebaut. Anfangs waren die Hausärzte von einer ambulanten Behandlung in der Klinik nicht begeistert, da sie den Verlust von Patienten fürchteten. Doch als sie erkannten, welchen Aufwand die Behandlung des Diabetischen Fuß-Syndroms (DFS) mit sich bringt, hat sich ihre Meinung geändert. 

Heute sind Fußambulanzen eine etablierte Einrichtung. Die Auszeichnung als "Fußbehandlungseinrichtung DDG" ist ein Qualitätsmerkmal. Was muss eine Fußambulanz erfüllen, um diese Auszeichnung zu erhalten?

Die Richtlinien wurden von der Arbeitsgemeinschaft Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) festgelegt. Schwerpunkt ist die interdisziplinäre Ausrichtung mit mindestens drei ärztlichen Fachrichtungen, dem Orthopädieschuhmacher, dem Podologen, dem Krankenpfleger und anderen. Dazu gibt es eine Aufstellung der beteiligten Disziplinen und Kooperationsvereinbarungen. Anfangs waren diese Vereinbarungen umstritten, sind aber inzwischen anerkannt und müssen im 3-Jahres-Turnus erneuert werden. Ebenfalls alle drei Jahre findet ein Audit statt. Dabei müssen Patienten und die Behandlungsergebnisse vorgestellt werden. Auch Hospitationen müssen dokumentiert werden. Ein erheblicher Aufwand, vor allem, was die Dokumentation betrifft.

Eine Übersicht aller zertifizierten Kliniken und Arztpraxen kann hier auf der Website der Deutschen Diabetes Gesellschaft eingesehen werden. 

Welche Aufgaben hat der Podologe im interdisziplinären Team?

Für Podologen gibt es eine Vielzahl von Aufgaben. Wichtigste Voraussetzung ist eine qualifizierte Ausbildung, um alle Erscheinungsbilder des Diabetischen Fuß-Syndroms zu erkennen. Natürlich darf der Podologe nicht diagnostizieren, aber er muss wissen, wo er den Patienten im Fall eines Falles hinschicken kann. Seine Verantwortung als medizinischer Assistenzberuf muss ihm bewusst sein.

In der Regel wird eine Neuropathie zunächst vom Hausarzt behandelt. Tritt als Folge eine Wunde auf, so ist es an der Zeit für die Überweisung an eine Fußambulanz. Hier muss unterschieden werden, ob es sich um eine Wunde am Fuß oder zum Beispiel ein Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris) handelt – zwei ganz unterschiedliche Krankheitsbilder. So etwas muss der Podologe kennen und wissen. Bei Absolventen der Schule für Podologie in Neuenbürg habe ich da keine Bedenken, bei anderen Bildungsträgern sieht es schon anders aus. Für den Arzt ist es wichtig, dass der Podologe genau weiß, was er tut. Seine Kernkompetenzen, wie zum Beispiel das Entfernen von Hyperkeratosen, können nur schwer durch einen Arzt ersetzt werden.

Wie beurteilen Sie den Stellenwert des Podologen generell?

Ohne Podologen fällt die qualifizierte Versorgung des Diabetischen Fuß-Syndroms quasi ins Wasser und damit unsere jahrelange Aufbauarbeit in der AG Fuß. Von Seiten der Verbände sollte deshalb mehr Öffentlichkeitsarbeit für das Berufsbild Podologie geleistet werden. Von den Podologen selbst sind inzwischen erfreulich viele als Mitglied in der Deutschen Diabetes Gesellschaft aktiv. Was die Akademisierung des Berufes betrifft, bin ich eher skeptisch. Fußpflege in Form der Podologie ist meiner Meinung nach ein Dienstleistungsberuf und in hohem Maße handwerklich orientiert. Der besondere Stellenwert ergibt sich durch die medizinische Ausrichtung. Ich sehe deshalb die Bestrebungen zu akademischen Graden eher als Imagebildung. Fachlich dürften sich Vorteile nur für wissenschaftliche oder lehrende Tätigkeiten ergeben.

Zum Abschluss möchte ich sagen: Der Podologe ist das Portal zur effektiven Diabetikerversorgung. Schließlich sieht er die Füße des Diabetes-Patienten meist als erster und auch häufiger als zum Beispiel der Hausarzt. Eine solide Ausbildung und kontinuierliche Fortbildungen sind dabei das A und O.

Wir bedanken uns bei Frau Dr. med. Born für Ihre Zeit und die interessanten Einblicke, denn die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist eine der wichtigsten Säulen für eine optimale Versorgung von Diabetes-Patienten und vor allem zur Vermeidung von Amputationen.

Bleiben Sie am Ball und lesen Sie mehr zum Thema im Beitrag "Fachgrenzen überwinden", der in Kürze an dieser Stelle erscheinen wird.

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